Kraftvolle, dynamische Werke: Koblenzer Künstlerin stellt in Shanghai aus
Koblenz. In ihrer Aussetllung zeigt die Koblenzer Künstlerin Eva-Maria Enders ihre neuesten Arbeiten, bald ist sie damit auch in China unterwegs, sie wird in Shanghai ihre Kunst ausstellen.
Von unserer Redakteurin Anke Mersmann
Die Auswahl ist getroffen, die Bilder stehen bereit, wenn auch noch nicht vollständig für den Transport verpackt. Weit ist der Weg zum Ausstellungsort vorerst ohnehin nicht, aus dem Atelier in der Clemensstraße geht es für die Bilder von Eva-Maria Enders hinüber ins Evangelische Stift St. Martin. Dort zeigt die Künstlerin ab diesem Freitag aktuelle Arbeiten unter dem Titel „Sichtweisen“. An einigen Bildern ist jedoch schon jetzt abzulesen, dass sie demnächst auf eine deutlich weitere Reise geschickt werden als ein paar Straßenzüge weiter: Im September wird Eva-Maria Enders mit Arbeiten in einer Galerie in Schanghai vertreten sein, entsprechende Werke hat sie bereits rot mit ihrer Signatur gestempelt.
Die Künstlerin freut sich auf beide Ausstellungen, sowohl im Stift, weil sie einige ihrer neuesten Arbeiten in Koblenz vorstellen kann, als auch auf die etwas umfangreichere Schau in Schanghai. Gleichwohl ist es nichts Neues für Enders, in China auszustellen. Sie hatte dort Gastprofessuren an mehreren Hochschulen inne und hat sich über Jahre mit dem Land, seiner Kultur und seinen Menschen befasst.
So prägt ihre Nähe zu Fernost auch wieder ihre aktuellen Arbeiten, mit denen sie das Dao hinterfragt – ein philosophischer Begriff, der ein ewiges Schöpfungsprinzip beschreibt. „Sehr vereinfacht gesagt geht es darum, den richtigen Weg zu finden, um ein Leben im Einklang zu führen“, sagt Eva-Maria Enders. Sie hat sich mit dem Daoismus bereits vor einigen Jahren künstlerisch auseinandergesetzt, damals in aquarellierten, flächig-harmonischen Bildern. Jetzt sind es kraftvolle, sehr dynamische Werke, die nach einem größeren Format verlangen.
Das Dao, den Weg, deutet sie in ihren Arbeiten an, führt ihn mehr oder minder stark ausgeprägt als transzendenten, teils geraden, teils geschwungenen Pfad durch strukturreiche Farbaufträge. Sie formen allesamt abstrakte Landschaften, wobei die Künstlerin mit angedeuteten Linien und Formen mal mehr, mal weniger deutliche Assoziationen von Gebirgsketten oder blau-changierende Wasserflächen liefert. Mitunter wirken die Arbeiten aber auch so dynamisch, als ob Eva-Maria Enders rein gestisch-spontan gemalt hätte. Das ist jedoch ein Irrglaube, wie allein das momentan liebste Arbeitsutensil der Künstlerin verrät: ein Schleifgerät.
Mit ihm setzt sie den dutzendfach aufgetragenen Schichten aus Farbe zu, teils angereichert mit Sand, Leim oder Ähnlichem. Sie schleift, ritzt und schrammt, bis stellenweise wieder die Leinwand unter einem letzten Hauch Farbe durchscheint. So entstehen Strukturen, die Eva-Maria Enders so liebt. „Ich kann mich sehr lang damit befassen, sie herauszuarbeiten“, sagt die Künstlerin. Stunde um Stunde surrt dann das Schleifgerät.
In die derart ausgefransten und angerauten Farbflächen setzt Enders vereinzelt mit Pinsel oder Kreide Linien als farbige Impulse. Es sind kalligrafische Elemente, mit denen die Künstlerin wiederum einen Bogen zur chinesischen Kultur schlägt. Besonders deutlich wird dies in einem Bild, das Eva-Maria Enders wie die meisten ihrer Arbeiten unbenannt gelassen hat. Auf der Leinwand ist das chinesische Zeichen für Dao zerfasert. Vormals kalligrafisch-fein auf die Leinwand geschrieben, tritt es in den Strukturen zurück, die das Schleifblatt in Farbschichten gefräst hat, um einen transzendenten Pfad freizulegen.