Thüringer Chinatage – Dialog Beijing China

31.05. – 06.06.2010 im Volksbad JenaKultur

Jenaer Studentenworkshop trifft chinesisch-deutsche Kunstplattform

(2. Juni 2010) Studentinnen und Studenten der FH Jena treffen sich am kommenden Freitag im Jenaer Kulturzentrum Volksbad in der Ausstellung „in-betweener und networker“ zum Workshop „Begegnungen“, den die JENOPTIK AG zum 12. Mal gemeinsam mit der Hochschule ausrichtet.

Die Ausstellung gehört zum chinesisch-deutschen Kunstprojekt „Dialog IV“, das am vergangenen Montag im Beisein des Thüringer Ministers für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Christoph Matschie sowie Gästen aus China, Indonesien und Deutschland eröffnet wurde.

Vor zehn Jahren hatte Lothar Späth dieses Projekt erstmals in Jena ermöglicht. Nach den Stationen Koblenz, Beijing und Berlin ist „Dialog IV“ in dieser Woche mit drei Ausstellungsplattformen in der Fachhochschule Jena und im Volksbad zu erleben. Die Plattform „in-betweener und networker“ zeigt Werke von Künstlern, die in Asien und Europa zugleich leben und arbeiten. Ihre Arbeiten, aber auch die Künstler selbst, sind von den interkulturellen Erfahrungen geformt.

Zwei Künstler des Projektes, Eva Maria Enders aus Koblenz und Rolf Kluenter aus Shanghai, stehen den Studierenden beim Workshop am Freitagnachmittag unmittelbar zur Verfügung.

Dr. Johannes Terhalle, Workshopleiter und Coach, und Katrin Lauterbach, Sprecherin des Unternehmens, arbeiten mit den Studierenden zum Thema: “Von Wahrnehmung zu Sprache in Kunst, Wirtschaft und Technik“. Somit ist die Gemeinschaftsveranstaltung von Hochschule und Unternehmen erneut ein Treffpunkt an den Schnittstellen von Kultur, Technik und Wirtschaft.

Sigrid Neef, Fachhochschule Jena / Katrin Lauterbach, JENOPTIK AG 

www.bcgf.org.cn

2010 DIALOG IV BEIJING−JENA

31.05. – 01.06. 2010 Haus 4 der Fachhochschule Jena
Rundgang mit Studenten der Ernst Abbe Hochschule
Rundgang mit Studenten der Ernst Abbe Hochschule

6B 2B – 6 Rheinlandpfälzer Künstler stellen in dem Art Distrikt 798 aus

In der Fortsetzung der Ausstellung Dialog I im Haus Metternich stellten die KünstlerInnen der Aktionsgruppe Rheinland Pfälzischer Künstler (ARK e.V.) Anja Bogott, Eva Maria Enders, Sabine Hack, Werner Müller, Aloys Rump und Christiane Schauder in der Art Space Gallery in dem pulsierenden Artdistrikt 798 in Beijing, China aus.

6 Handgepäckboxen gefüllt mit Gedanken in Kunst verpackt, die sich neben der Olympiade auch mit der Geschichte des Landes, den erlebten Eindrücken und der Reise auseinander setzen, werden vom 10. Juli bis zum 28. August 2008 in der Galerie des Art Guide Space gezeigt.

Eröffnet wurde die Ausstellung durch den Vorsitzenden und Geschäftsführer der BCDF  Beijing Cultural Development Foundation, Herrn Mang Haidong und dem Kurator der Ausstellung Rolf Klünter.

Begleitend zur Ausstellung organisierte der deutsche Förderverein der Beijing University (BEIDA) KKT e.V. eine Kulturreise, an der neben den KünstlerInnen unter anderem auch die Leiterin des Künstlerhaus „Schloss Balmoral“, der Koblenzer Stadtrat, Christian Altmaier sowie Professoren und Kunsthistoriker aus Soest, Gießen und Jena teilnahmen. Die Delegation traf sich in diesem Rahmen mit dem Leiter des Institutes für Deutschlandstudien und dem Vizerektor Prof. Wu der Beijinger Universität BEIDA zu einem intensiven Erfahrungsaustausch. Bei diesem Treffen ging es neben der Kunst um eine Bücherspende für das Deutsche Institut an der Universität sowie um die Gastprofessur des mitgereisten Koblenzer Anwaltes Michael Kirsch und Prof. Dr. Theodor Enders.

Ein weiterer Punkt in der Reiseplanung waren Kontakte zu Künstlern in der Millionen Metropole und die Gespräche über die Themen der Kunstszene. Hier entdeckt die junge Generation gerade die Reize der eigenen Körper, beschäftigt sich mit der Umweltverschmutzung und der rasanten Entwicklung in der Stadt. Während in der den Straßen außerhalb des Distrikts viele alte Bauten und damit Teile der Geschichte immer wieder den modernen Wolkenkratzern und damit der Anpassung an die westliche Gesellschaft weichen müssen, besinnen sich immer mehr Künstler an ihre Geschichte und beziehen sie in ihre Werke mit ein.

Bereits seit 1999 bestehen Kontakte zwischen dem Künstlerhaus Balmoral und China, die damals dazu führten, dass die Chinesische Stipendiatin Jin Xiuzhen und ihr Mann Song Dong zusammen mit Lao Zhu in Balmoral waren und hier eine Ausstellung ausrichteten. Jin Xiuzhen wurde danach, immer noch durch die Kontakte von KKT e.V. durch die Firma Siemens Peking unterstützt und konnte dort während eines ganzen Jahres ein Projekt auf dem Firmengelände realisieren. Umso erfreulicher war es auf dieser Reise festzustellen, das die ehemalige unbekannte Künstlerin nun eine Einzelausstellung im neu eröffneten Ullens Center im Quartier 798 in Peking erhält.

Inzwischen betreut Lao Zhu das Chinese Modern Art Archive der BEIDA Universität in Peking. Zusammen mit Meng Haidong, Direktor der Beijing Cultural Development Foundation arbeiten wir der Gestaltung eines Austauschs, der Künstlern und Kuratoren fördern sollte. Die neu geknüpften Kontakte mit weiteren Institutionen und mit nahmhaften Firmen wie Siemens, die Besichtigung verschiedener Ateliers im Künstlerdorf SongZhaung und die damit verbundene Begegnung mit chinesischen Künstlern, die zahlreichen Kontakte mit den internationalen Galerien, die im Quartier 798 in Peking angesiedelt sind versprechen für Balmoral eine Intensivierung seiner Außenkontakte und dadurch auch für die Künstler von Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, einer ganz anderen Kultur zu begegnen.

Text zur Ausstellung von Andrea Neidhöfer, Kunsthistorikerin und Sinologin, Kuratorin der BCDF

Six Boxes to Beijing

Anfang Juli 2008 steigen sechs Künstler aus dem deutschen Bundesland Rheinland Pfalz (ARK e.V.)  in ein Flugzeug nach Peking. Anlaß der Reise sind die Olympischen Sommerspiele, die voraussichtlich tausende von Besuchern aus dem In- und Ausland nach Peking locken werden.

Für Anja Bogott, Eva Maria Enders, Sabine Hack, Aloys Rump, Christiane Schauder und Werner Müller ist die Reise nach China jedoch gleichzeitig die Fortsetzung eines bereits seit einiger Zeit währenden künstlerischen Dialogs zwischen deutschen und chinesischen Künstlern und einer langen Beschäftigung mit der Kunst und Kultur des Gastgeberlandes. Auch auf diese Reise haben sich die sechs Künstler lange vorbereitet und sich dabei intensiv mit dem Thema „Olympia“ bzw. dem „Reisen“ an sich auseinandergesetzt.

Das Ergebnis dieser Vorbereitungszeit führen Sie nun im Gepäck mit sich: Statt mit den gewöhnlichen Reiseutensilien gefüllt, besteht ihr Handgepäck aus den Arbeiten für die Ausstellung „Six Boxes to Beijing“, die während der Olympischen Spiele ausgestellt werden sollen. Den üblichen Richtlinien für Größe und Gewicht des Handgepäcks entsprechend, sind diese Werke Gepäck und Kunst zugleich und machen somit das Thema der Reise in all seinen Aspekten gleichermaßen zu ihrem Inhalt.

Die Doppelfunktion des Gepäcks als Kunstwerk, des Kunstwerks als Gepäck, gibt den Arbeiten für Six Boxes to Beijing nicht nur eine interessante Vielschichtigkeit, sondern auch eine persönliche Ebene.

Enthält doch unser Gepäck im Normalfall all jene Dinge, auf die wir nicht verzichten zu glauben können und die uns durch ihre Vertrautheit in der Ferne ein Stück Heimat und Geborgenheit vermitteln. Die, Beschränkung in Größe und Gewicht zwingt uns eine Auswahl zu treffen und uns auch gedanklich auf unsere Reise vorzubereiten. Begleitet werden wir auf jeder Reise auch von unserem emotionalen Gepäck, von unseren Erwartungen, Vorurteilen, Ängsten und Erinnerungen.

Und ist das Reisen auch im Zeitalter von Globalisierung und Billigflugreisen für viele längst alltäglich geworden, so stellt doch immer noch jede Reise einen Aufbruch ins Unbekannte dar, ein Ausbruch aus dem Alltag und der gewohnten Umgebung, der  neue Erfahrungen und eine neue Sicht auf Altgewohntes ermöglicht. – ein sich verlieren und sich wieder finden.

Christiane Schauders Arbeit besteht aus insgesamt 10 kleinen quadratischen Leinwänden, die, gemeinsam ein 4x4m großes Gemälde ergeben. In einer Farbkombination aus Schwarz und harmonischen Blau- und Grüntönen gehalten, die in horizontalen Streifen die Bildfläche durchziehen, möchte die Künstlerin den subjektiven Blick eines Reisenden aus einem Flugzeug, Zug, Bus oder Auto vermitteln. Sie widmet ihre Arbeit dem Zustand des unterwegs seins, die Phase zwischen Aufbruch und Ankunft, wenn der Reisende endlich im designierten Fortbewegungsmittel sitzt, schon etwas ermüdet und vielleicht für einen Moment nicht mal mehr weiß, wo er eigentlich gerade ist. In diesem Zustand zwischen Bewusstsein und Traum wenn die Bilder und Landschaften in einer Art Bewegungsunschärfe ineinanderfließen und wie die Farben und Landschaften auf der Leinwand zu einem meditativen Gesamtbild verschwimmen, werden Gedanken und Wahrnehmungen eins und in der Bewegung entsteht Ruhe.

Eva Maria Enders hat ihre Werkgruppe „Dao“ genannt. Oft vereinfachend mit „Weg“ übersetzt[1] bezeichnet das „Dao“ in der daoistischen Philosophie ein ewiges Wirk- oder Schöpfungsprinzip, welches der Mensch möglichst wenig durch bewusstes Handeln und Streben stören soll. Durch den ständigen Fluss offenbart sich das „Dao2 als Bewegung und Wandlung. Ziel ist es in mystisch-intuitiver Weise mit dem Dao im Einklang zu leben. Ihre Beschäftigung mit den Schriften des Lao Tse über das “Dao“ und den Prinzipien der chinesischen Farbenlehre hat die Künstlerin in drei atmosphärisch dichte abstrakte Leinwandbilder umgesetzt. In den Farben Rot, Grün und Weiß gehalten, entfalten sich auf Eva Maria Enders Leinwänden fiktive Landschaften, durch die ein transparenter unwirklicher Weg läuft. Im Zusammenspiel von Leere und Dichte spiegelt sich das Wandlungsprinzip des „Dao“ – ein ewiges Fließen zwischen Himmel und Boden, das die natürliche Ordnung wiederherstellt.S

Sabine Hacks Arbeit mit dem Titel „Wanderarbeiter“ gehört zur Werkreihe „Stoffwechsel“ in der die Künstlerin auf Holzrahmen gespannte Stoffe floralen Mustern bearbeitet. Durch ihre Übermalung entstehen vielschichtige Strukturen und Texturen, die geschickt zwischen Tiefe und Transzendenz lavieren. Ihr Koffer besteht aus einem einfachen weißen Holzrahmen mit Griff, in den die Arbeiten seitlich eingeschoben sind, so dass nur deren mit asiatisch wirkenden Stoffen bespannte Breitseite sichtbar ist. Der Koffer erinnert in seiner praktischen Behelfsmäßigkeit an den Musterkoffer eines Hausierers, die einfache Holzform bildet einen Kontrast zur Kostbarkeit der Stoffe. Die Künstlerin möchte mit der Arbeit an die Wanderarbeiter erinnern, die auf der Flucht aus der Armut fern ihrer Heimat in Arbeitslagern auf den Großbaustellen dieser Welt ihren Lohn verdienen, der oft die ganze Familie ernährt. Das Reisen ist für sie Überlebenszweck – der Preis auch Entwurzelung und Heimweh. Auch auf den zahlreichen Baustellen Pekings, sind diese Wanderarbeiter anzutreffen: Sie sind diejenigen die architektonische Meisterleistungen in Rekordzeit möglich machen und die Umwandlung Pekings zur Olympiastadt 2008 und zur glänzenden Metropole des 21. Jahrhunderts wahr werden lassen.

Entwurzelung und Heimat, Familie und Wohnen, diese Themen greift auch Anja Bogott in ihrer Serie „Vertrauen“ auf, die zum größeren Werkzyklus „Umfeld“ gehört. Ihr von außen ganz normal aussehender unscheinbarer brauner Rollkoffer verbirgt ein vielschichtiges Innenleben. Mit flauschigem braunen Fell ausgepolstert, wirkt der Koffer wie eine warme, weiche Schutzhülle für die darin liegenden Tonskulpturen der gelernten Keramikerin. Diese stellen in ihrer Zerbrechlichkeit, in Form und Ausdruck die Suche nach Nähe und Schutz, Vertrauen und Verletzlichkeit dar. Ergänzt werden Sie durch Tuschezeichnungen der Künstlerin. Die Arbeiten untersuchen das Thema Vertrauen im Kontexten verschiedener sozialer, gesellschaftlicher und familiärer Umfelder, angefangen von dem angeborenen Urvertrauen über das Vertrauen in eine Religion bis hin städtischen Umfeld, in dem anonyme Hochhaussiedlungen heute oft gewachsene nachbarschaftliche Gefüge ersetzen und Misstrauen statt Vertrauen vorzuherrschen scheint.

In Werner Müllers „Handgepäck“ gibt es weder  Behälter noch Inhalt zugleich. In die beiden dickwandigen Kofferwände aus schwarzem Karton mit integrierten Tragegriffen sind – innen wie außen – insgesamt 210 Tischtennisbälle eingelassen. Es entsteht ein Gegenspiel von Schwarz und Weiß, glänzend und matt, rau und matt, das vielfältige Assoziationen zulässt. Es fällt auf, dass der Koffer als Reiseutensil seiner üblichen Funktion beraubt ist, da er keinen inneren Hohlraum besitzt. Auch die Tischtennisbälle haben durch die Eingliederung in die Kofferwände ihre ursprüngliche Funktion verloren, da sie mit dem Untergrund fest verbunden sind. Der Künstler spielt mit seiner Arbeit unter anderem auf die sogenannte „Ping Pong Diplomatie“ an, wie die politische Annäherung von China und den USA in den 1970er Jahren mit Hilfe des Tischtennissports häufig bezeichnet wird. Nach dem Scheitern „normaler“ diplomatischer Mittel führte schließlich die Freundschaft zweier Tischtennisspieler aus den USA und China während der Weltmeisterschaft 1971 auch auf politischer Ebene zu einen Durchbruch in den diplomatischen Beziehungen ihrer beiden Heimatländer. In diesem Zusammenhang könnte man (mit Ironie) in seinem Objekt auch einen Diplomatenkoffer vergangener Jahre erkennen. In jedem Fall illustriert Werner Müllers Arbeit die Kraft des Sports, Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenzubringen und im besten Fall Verbindungen zu schaffen, die über das Individuum hinausreichen.

Aloys Rump beschwört mit seiner Arbeit die Ursprünge der Olympischen Spiele im antiken Griechenland. Seine Box mit dem Titel „Diskus“ enthält insgesamt acht Diskusse. Werden sie dem Koffer entnommen, wird auf dem Boden des Koffers die Shilouette eines Diskuswerfers sichtbar, die an die berühmte Skulptur des Myron angelehnt ist und somit einen Bezug zu den ersten Spielen im alten Griechenland herstellt. Der Athlet ist im Moment vor dem Wurf dargestellt, sein ganzer Körper ist angespannt und mit dem ausgestreckten rechten Wurfarm in einer raumausgreifenden Drehung erfasst. Die Diskusse selbst sind in der Farbe gelb gehalten, auf der einen Seite ist eine schwarze Tuschearbeit zu sehen, auf der anderen Seite wiederholt sich die Silhouette des Diskuswerfers, der sozusagen selbst den Diskus wirft, auf dem er gemalt ist. In den Deckel des Koffers hat der Künstler künstliche Augen eingefügt, die sich in verschiedene  Richtungen drehen lassen. Damit mögen die Zuschauer gemeint sein, die gebannt den sportlichen Höchstleistungen der Athleten folgen, vielleicht aber auch die Augen der Welt, die in den nächsten Wochen voller Neugierde auf China gerichtet sein werden.


[1] die moderne Sinologie erachtet es für besser, es als eigenständigen Begriff unübersetzbar zu gebrauchen, da die Inhalte für ein Wort zu umfassend sind



Brentano

12. Dezember – 21. Dezember 2010, Haus Metternich, Koblenz